1. Active-Seminar 2008 bei Amazone: Rund um den Anbau von Energiepflanzen

„Energie für Ihre Pflanzen, Ihre Pflanzen für Energie“ - das Motto dieses Active-Seminars bei Amazone am 31.01.08 entsprach dem brennenden Interesse vieler Praktiker. So begrüßte Amazone-Geschäftsführer Christian Dreyer knapp 100 Fachleute aus Landwirtschaft, Lohnunternehmen, Beratung, Wissenschaft und Industrie. Tagungsort war das gerade fertiggestellte Active-Center in Hasbergen-Gaste.

Mit den Active-Seminaren will Amazone aktuelle Erkenntnisse aus seinen Kooperationen mit Wissenschaft, Beratung und anderen Agrarindustrie-Bereichen an die Praktiker weiter vermitteln. Grundlage dieser Kooperationen ist das Ziel, die Gesamtverfahren rund um das Amazone-Maschinenprogramm zu untersuchen und damit alle Potentiale in Acker- bzw. Pflanzenbau optimal zu erschließen.

So berichteten sechs namhafte Referenten über ein breit gefächertes Themen-Spektrum rund um den Anbau von Energiepflanzen. Sämtliche Vorträge stehen ab sofort als Power-Point-Pdf-Dateien zum Download zur Verfügung:

  1. Energiespar-Potentiale bei standortangepasster Bodenbearbeitung und Saat für Energiepflanzen;
    Prof. Dr. Yves Reckleben, Fachhochschule Kiel (Vortrag als Power-Point-PDF)
  2. Effizienzsteigerungen bei der Düngung von Energiepflanzen;
    Dietrich Baye, Produktmanager Düngetechnik und Pflanzenernährung, AMAZONE (Vortrag als Power-Point-PDF)
  3. Energiepflanze Mais: Neue Herausforderungen im Pflanzenschutz;
    Dr. Thomas Puhl, Bayer CropScience Deutschland, Langenfeld (Vortrag als Power-Point-PDF)
  4. Optimierung im Betriebsmanagement durch automatisierte Dokumentation;
    Stefan Kiefer, Produktmanager Pflanzenschutztechnik, AMAZONE (Vortrag als Power-Point-PDF)
  5. Status und Innovationen bei der Züchtung von Energiepflanzen;
    Dr. Andreas von Felde, Leiter Energiepflanzen, KWS SAAT AG, Einbeck (Vortrag als Power-Point-PDF)
  6. Energiepflanzen-Fruchtfolgen als Chance und Alternative für Landwirte;
    Hans Koch, Leiter Rohstoffakquisition, Schmack Biogas AG, Schwandorf (Vortrag als Power-Point-PDF)

Bioenergie – Die Märkte spielen verrückt! Was steht uns noch bevor?

Besonders groß war das Interesse an der ökonomischen Einordnung durch Prof. Dr. Folkhard Isermeyer vom Johann Heinrich von Thünen-Institut, (ehemals FAL Braunschweig). Er beleuchtete als Abschlußredner den Energiepflanzenanbau und das derzeitige Hoch der Agrarpreise aus betriebswirtschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht.

Nach jahrzehntelang rückläufigen Agrarpreisen auf dem Weltmarkt habe sich 2007 gezeigt, dass knappe Agrargüter zu einem deutlichen Preisanstieg geführt haben. Dieser Anstieg werde uns künftig wahrscheinlich weiterhin begleiten werde, prognostizierte der Referent. Hohe Agrarpreise seien positiv für das Einkommen der Landwirte, bedeuteten aber auch neue Herausforderungen. Landwirte seien immer auch Konkurrenten auf dem Pachtmarkt, und wer sich da nicht anpasse oder in der falschen Richtung anpasse, der könne über kurz oder lang auf den regionalen Pachtmärkten nicht konkurrenzfähig bleiben. So bestehe der Zwang zur Optimierung weiter fort, ebenso wie sich der Strukturwandel fortsetzen werde.

Jetzt, da sich die weltweiten Agrarmärkte neu aufstellten, gelte es für den einzelnen Unternehmer erneut zu prüfen, ob man die gleiche Fruchtfolge wie in der Vergangenheit praktizieren wolle, oder ob man morgen besser z.B. Energiefrüchte anbauen müsse. War in der Vergangenheit angesichts permanent fallender Agrarpreise eher eine Extensivierung angesagt, führten höhere Produktpreise jetzt tendenziell dazu, dass es sich wieder lohne, intensiver zu wirtschaften. Andererseits gelte aber auch, wenn bestimmte Vorleistungspreise stärker steigen als die Agrarpreise, beim Einsatz dieser Vorleistungen zu sparen.

Den weltweiten Anstieg der Agrarpreise führte Prof. Isermeyer in erster Linie auf den Nachfragezuwachs im Nahrungsmittelbereich Asiens und anderer Länder zurück. Weltweit gesehen komme hinzu, dass es bei Erdölpreisen um die 90 $ pro Barrel z.B. für die Unternehmen in Brasilien rentabel sei, die Produktion immer stärker in Richtung Bioethanol auszudehnen. Das führe natürlich zu einer Flächenkonkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion.

Letztendlich habe sich das Agrarpreisniveau in den letzten beiden Jahren an die Entwicklung Erdölpreise angehängt. Auch zukünftig sei damit zu rechnen, dass hohe Erdölpreise das Niveau der Agrarpreise hoch halten. Das reguliere allein der Markt. Allerdings würden die Energiepreisagenturen für die nächsten 20 bis 30 Jahre einen Preis von nur 40 bis 80 $/Barrel Erdöl prognostizieren, weil es weltweit noch riesige Kohlevorräte gibt, und man aus Kohle und Gas ebenfalls Flüssigkraftstoffe produzieren kann.

Ein weiterer Faktor sei, dass sich die Politik in Deutschland und vielen anderen Ländern sehr ehrgeizige Bioenergie-Ziele gesetzt und in entsprechende Fördermaßnahmen zur Produktion von Biomasse umgesetzt habe. Ziele dieser Maßnahmen seien der Klimaschutz und die Versorgungssicherheit.

Die Politik war zunächst richtig beraten, so Prof. Isermeyer, die Innovationskraft der Wirtschaft durch Fördermaßnahmen zu mobilisieren. Auch wer als Landwirt auf die geförderten Produktionsrichtungen gesetzt habe, der habe betriebswirtschaftlich das Richtige getan. Hier stehe die Politik in der Verantwortung, jetzt nicht einen radikalen Kurswechsel vorzunehmen, sondern ihn so durchzuführen, dass der Vertrauensschutz gewährt bleibt.

Mit Hilfe einer segmentierten Förderung der Biomasseproduktion, wie sie derzeit praktiziert wird, seien die beiden politischen Ziele Klimaschutz und Versorgungssicherheit allerdings nicht mehr optimal zu erreichen. So habe sich im Hinblick auf das Ziel Klimaschutz, wo es um CO2-Vermeidung geht, gezeigt, dass bei Klimaschutzmaßnahmen außerhalb der Landwirtschaft (z.B. Wärmedämmung an Wohnhäusern, Optimierung von Kohlekraftwerken) die so genannten CO2-Vermeidungskosten in einer Größenordnung von 30 € pro Tonne CO2 liegen. Im Vergleich dazu entstehen bei der Produktion von Biomasse deutlich höhere CO2-Vermeidungskosten von bis zu 100 €/t. Allenfalls der Anbau schnellwachsender Hölzer auf dem Acker (Kurzumtriebsplantagen), wenn sie als Hackschnitzel zur Wärmeproduktion genutzt werden, erreiche eine vergleichbar niedrige Größenordnung von 30 €/t CO2.

Wie groß die Unterschiede zwischen den verschiedenen Biomasselinien sind, zeigen die CO2-Vermeidungspotentiale: Mit 1 ha Kurzumtriebsplantage lassen sich 12 bis 13 t CO2 vermeiden, mit 1 ha Biogas (auf Maisbasis) nur sechs bis acht t/ha, mit Bioethanol auf Weizenbasis zwei t/ha und mit Biodiesel 3 t CO2/ha. Diese Zahlen zeigten, dass die derzeitige Förderung der Bioenergie-Linien volkswirtschaftlich eine relativ teure Klimaschutzpolitik darstelle.

Auch im Hinblick auf das zweite Ziel, die Versorgungssicherheit, bringe die Bioenergie vom Acker relativ wenig. Würde man 1/3 der deutschen landwirtschaftlichen Fläche für die Produktion von Bioenergie nutzen, und dabei den gegenwärtigen Bioenergie Mix nehmen (Bio-Diesel, Bioethanol und Biogas für die Stromnutzung), dann könnten lediglich 2,3% des deutschen Energieverbrauchs damit gedeckt werden. Würde man alternativ die ertragsstärksten Energieformen nehmen, ließe sich dieser Wert bis auf etwa 9% erhöhen.

Mit einer weiteren Alternativ-Strategie zugunsten der Flüssigkraftstoffe könnte man mit 1/3 der deutschen Ackerfläche, die jeweils zur Hälfte für Bio-Diesel und für Bioethanol genutzt würden, nur 14% des gesamten Kraftstoffverbrauchs decken. Würde man auf Biogas mit direkter Gaseinspeisung gehen und Biomethan-Tankstellen damit beliefern, könnten 40% des deutschen Kraftstoffbedarfes aus Bioenergie gedeckt werden.

„Bioenergie hat Potenziale,“ lautete deshalb das Fazit von Prof. Isermeyer, „aber unser Problem ist, dass wir im Augenblick nicht die leistungsfähigen und effizientesten Potenziale nutzen.“ In seinem neuesten Gutachten habe deshalb der wissenschaftliche Beirat beim BMELV, dem Prof. Isermeyer als Vorsitzender angehört, der Politik empfohlen, die segmentierte Förderpolitik einzelner Biomasse-Linien nicht mehr fortzusetzen. Sinnvoller wäre es, die CO2-Emissionen zu besteuern und es dann dem wirtschaftlichen Wettbewerb zu überlassen, welche Energieformen sich durchsetzen. Ob Solarenergie oder Bioenergie oder ein bestimmter Zweig der Bioenergie, Ziel müsse es aus volkswirtschaftlicher Sicht sein, dass sich die effizientesten Formen durchsetzen.